Die Glocke: Mit Europa Antworten auf Globalisierungsfragen geben
Münster (gl.) Brexit, katalonische Unabhängigkeitsbestrebungen und polnische Verstöße gegen EU-Recht – Europa hat schon bessere Zeiten erlebt. Dennoch ist der münsterländische Europaabgeordnete Markus Pieper überzeugt, dass die EU mehr denn je gebraucht wird, um den Herausforderungen der Globalisierung begegnen zu können. „Konzerne wie Amazon und Google werden wir nur mit einem EU-Ansatz zu Steuerzahlungen zwingen können“, betont der CDU-Politiker aus Lotte im Gespräch mit der „Glocke“. „Das schafft kein Land alleine.“
Auch beim Thema Sicherheit führe mehr europäische Zusammenarbeit zum Ziel. Der Europäische Haftbefehl sei bereits beschlossene Sache. Lösungen in Asyl- und Flüchtlingsfragen wie harmonisierte Asylverfahren und Aufnahmezentren (Hotspots) in Nordafrika ließen sich ebenfalls am besten im Staaten-Verbund realisieren, ist Pieper überzeugt.
Seit der wegweisenden Europa-Rede des französischen Präsidenten Emmanuel Macron verspüren die Befürworter einer stärkeren europäischen Kooperation Rückenwind. Das könnte auch im Katalonien-Konflikt von Nutzen sein. Pieper wünscht sich, das Brüssel eine Vermittlerrolle übernimmt. „Die EU sollte deutlich machen, dass sich die auf nationale Einheit pochende spanische Regierung im Einklang mit dem Recht befindet, zugleich aber an Madrid appellieren, den Katalanen finanziell entgegenzukommen“, zeigt der Münsterländer eine mögliche Kompromisslinie auf.
Verbal abrüsten und zu pragmatischen Lösungen kommen – das fordert der Mittelstandssprecher der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP) auch im Hinblick auf die stockenden Brexit-Verhandlungen. Es müsse verhindert werden, dass die mittelständische Wirtschaft Schaden nehme, mahnt Pieper. Mehr als 2000 Firmen aus NRW hätten Handelskontakte nach Großbritannien, die Exporte seien im zweiten Halbjahr 2016 aber um sieben Prozent zurückgegangen. Auch die Umsätze der britischen Wirtshaft schrumpften.
Pieper plädiert daher für eine Übergangszeit, die sich an der sogenannten „Norwegen-Lösung“ orientiert. Danach müssten die Briten – so wie Norwegen – für Handelserleichterungen EU-Gesetze übernehmen und weiterhin bi zu fünf Milliarden Euro pro Jahr für den EU-Haushalt nach Brüssel überweisen. Dafür bliebe in Sachen Abwicklung von Import und Export für die Firmen erst einmal alles beim Alten.