Die Glocke: Pieper hält Brexit noch nicht für ausgemacht
Warendorf (bjo). „Ich führe lieber Bleibeverhandlungen mit den Briten als Beitrittsverhandlungen mit der Türkei“, hat sich Dr. Markus Pieper am Montag im Sophiensaal davon überzeugt gezeigt, dass das Brexit-Votum nicht zwangsläufig zum EU-Abschied Großbritanniens führen muss.
Auf Einladung der Volkshochschule und des Freundeskreises Warendorf-Petersfield referierte der heimische Europaabgeordnete der CDU zum „Brexit“, dem er nur einen positiven Aspekt abgewinnen kann: „Durch die Diskussion beschäftigen sich viele Menschen wieder mit Europa.“ Das Votum wertet Pieper als „Weckruf“ an die Europäische Union, sich auf die Kernkompetenzen zu konzentrieren. „Wir brauchen nicht eine immer engere Union, sondern eine, die aus weniger Kompetenzen mehr macht.“
Selbstverständlich müssten mögliche Bleibeverhandlungen mit dem Vereinigten Königreich hart geführt werden. „Wenn wir sie aber rausschmeißen, schneiden wir uns ins eigene Fleisch“, ist Pieper überzeugt. Schließlich verliere die EU dann neben der drittgrößten Wirtschaftskraft und dem zweitgrößten Nettozahler auch bedeutend an außenpolitischem Gewicht.
Bislang habe die Regierung Großbritanniens den Austritt nach Artikel 50 noch nicht beantragt, weshalb auch die zweijährige Frist zur Verhandlung des Austritts noch nicht begonnen habe. Wie es in Sachen Brexit weitergehe, sei derzeit Spekulation. Klar ist nur: Wollen die Briten nach einem EU-Austritt weiter vom Binnenmarkt profitieren, werden sie, ähnlich wie die Schweiz oder Norwegen, auch weiterhin in den EU-Haushalt einzahlen müssen. Und denkbar sei, dass sich eine britische Regierung mit dem Verhandlungsergebnis erneut an das Volk wende mit der Frage, ob man zu diesen Bedingungen tatsächlich aus der Gemeinschaft austreten solle.
Seinen Vortrag in Warendorf nutzte Pieper, der sich dem Wirtschaftsflügel der CDU zugehörig fühlt, auch, um die Vorteile der EU-Mitgliedschaft gerade für die heimische Region zu beleuchten. „In den 25 Jahren Binnenmarkt gab es für die Unternehmen im Münsterland 500 Prozent Exportwachstum“, bilanziert er. Außerdem sei es gelungen, die Zahl der Industrienormen von 170 000 auf heute 15 000 zu senken.