Die Glocke: EU muss Schicksal selbst in die Hand nehmen
EU muss Schicksal selbst in die Hand nehmen
Münster/Straßburg (gl). Dr. Markus Pieper ist ein glühender Europäer, auch wenn er seine Argumente für eine stärkere europäische Harmonisierung westfälisch-nüchtern vorträgt. Dass Parteien von rechts- und linksaußen verstärkt auf nationale Lösungen drängen, treibt den CDU-Europaabgeordneten aus dem Münsterland in diesen Tagen mächtig um. „Wenn wir nur mit nationalen Lösungen auf Problemstellungen reagieren, dann zerschneiden wir die Lebensader der mittelständisch geprägten deutschen Exportwirtschaft“, mahnt der 55-Jährige gestern im Gespräch mit der „Glocke“. In der Folge würden Jobs in Deutschland und damit auch in Westfalen vernichtet.
Pieper ist überzeugt, dass die Europäische Union mit ihrem gemeinsamen Binnenmarkt das geeignetste Instrument ist, um Menschen und Wirtschaft fit für die Globalisierung zu machen. „Gemeinsam sind wir stark“, könnte der Leitgedanke lauten, der sich auch auf andere Politikbereiche übertragen lässt.
Beispiel Verteidigungsunion: In Zeiten, in denen die umstrittenen Präsidenten Donald Trump (USA), Wladimir Putin (Russland) und Recep Tayyip Erdogan (Türkei) im Spiel der Mächte den Ton angeben, sei die EU gut beraten, mehr für die eigene Sicherheit und den Schutz der Außengrenzen zu tun. Jeder Euro, der zusätzlich in die Verteidigungsunion fließe, sei gut angelegt, betont Pieper. Und ergänzt: „Wir müssen unser Schicksal selbst in die Hand nehmen, sonst werden wir zum Spielball der Despoten.“
Doch mehr Europa darf es für den CDU-Mittelstandsexperten nicht um jeden Preis geben. So hält er eine Vergemeinschaftung von Spareinlagen, wie sie die EU-Kommission seit einigen Jahren propagiert, für zurzeit nicht angebracht. Vor allem Sparkassen und Volksbanken wären von der einheitlichen Sicherung von Bankeinlagen betroffen. „Es kann nicht sein, dass der deutsche Kleinsparer für Fehler italienischer Großbanken haftet“, findet Pieper hier deutliche Worte.
Auch auf dem Weg zu einem sozialen Europa markiert der münsterländische Christdemokrat einige Wegmarken, die nicht überschritten werden sollten. So richtig es einerseits sei, den ärmsten Regionen der EU über Gelder aus dem Strukturfonds zu helfen, so falsch sei es andererseits, Schulden und Sozialsysteme – etwa die Arbeitslosenversicherung – zu vergemeinschaften. Genau das aber sei erklärte Absicht von Sozialdemokraten und Grünen. In diesem Punkt vertraut Pieper dann doch dem Nationalstaat: „Haftung und Verantwortung müssen nationale Angelegenheiten bleiben.“