Wirtschaftswoche: Mittelstandsvereinigung fordert Neuausrichtung der CDU-Europapolitik
WirtschaftsWoche print: NR. 047 vom 11.11.2016 Seite 34 / Wirtschaft & Politik
Zahlmeister – nein danke!
EU-POLITIK
In der CDU CSU tobt ein Streit um die Europapolitik. Der Wirtschaftsflügel fürchtet, dass Berlin nach einem Brexit mehr bezahlen muss.
Die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU CSU (MIT) fordert eine Neuausrichtung des europapolitischen Kurses. Zum CDU-Parteitag Anfang Dezember legt die MIT drei Anträge vor, mit denen sie “rote Linien aufzeigen will, um den drohenden Weg in die Transferunion abzuwenden”, sagt der Europaabgeordnete Markus Pieper, europapolitischer Sprecher der MIT. Die MIT möchte sich darin von dem Konzept einer “immer engeren Union” verabschieden, das bislang in den Europäischen Verträgen festgeschrieben ist. Stattdessen sei das Ziel eine “immer bessere Union”, die sich auf ihre Kernthemen konzentriere.
Konkret unterstützt ein Antrag den Vorstoß von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der EU-Kommission die Kontrolle und Überwachung des Stabilitätspakts zu entziehen und stattdessen eine “neutrale politische Instanz” aufzubauen, die “die Einhaltung von Schuldenkriterien überwachen” kann. Auch fordert das Papier Regeln für Staatsinsolvenzen innerhalb der Euro-Zone. Ein Fall wie die Griechenland-Rettung könnte sich dann nicht wiederholen.
Weniger als ein Jahr vor der Bundestagswahl ist das Papier von der Sorge bestimmt, Deutschland könne nach einem Brexit zum machtlosen Zahlmeister Europas werden. “Ohne die Briten wird Deutschland aufgrund neuer Mehrheiten nur noch sehr schwer in der Lage sein, finanziellen Begehrlichkeiten der Kohäsions- und südeuropäischen Länder entgegenzuwirken”, heißt es. “Umso dringlicher ist es, allen Bestrebungen in Richtung Vergemeinschaftung von Schulden und Sozialsystemen sowie finanziellen Transfermechanismen eine sehr deutliche Absage zu erteilen.” Die EU-Kommission will im März 2017 Vorschläge zur Fortentwicklung der Union vorlegen. Länder wie Italien drängen bereits auf eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung.
Silke Wettach, Brüssel – wirtschaft@wiwo.de
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