Westfälische Nachrichten: EU-Abgeordneter: „Kreis Borken profitiert von TTIP“
Dr. Markus Pieper im Redaktionsgespräch / Hoffen auf europaweite Lösung bei der Maut
job- KREIS BORKEN. Ob er überzeugter Europäer ist? Daran lässt Dr. Markus Pieper (CDU) keinen Zweifel. Aber dem Wähler zu erklären, dass es zu Europa keine Alternative gebe, „das fällt in diesen Zeiten schon manchmal schwerer“, gesteht der 52-Jährige aus Lotte, der das Münsterland seit elf Jahren in Brüssel und Straßburg vertritt. Pieper ist dort unter anderem Mitglied im Verkehrsausschuss und Sprecher des Mittelstandskreises der EVP-Fraktion.
Dass Themen wie die Griechenland-Frage, die Flüchtlings-Problematik, das Freihandelsabkommen TTIP, oder die Maut die Menschen verunsichern, das merke er schon in der täglichen Arbeit, sagte Pieper beim Redaktionsbesuch unserer Zeitung. Gleichwohl plädiert er mit Nachdruck dafür, für diese Fragen eine europäische Lösung zu finden.
Beispiel Flüchtlingspolitik: Hier möchte Pieper, dass man sich in Europa einig wird, welche Länder als sichere Herkunftsländer gelten. Die Vereinbarung, in den kommenden zwei Jahren 60.000 Flüchtlinge nach einer Quote aus Wirtschaftskraft und Einwohner zu verteilen, hält Pieper für einen Kompromiss. Die Entwicklungshilfe in den Länder Afrikas zu verdoppeln, um die Menschen vor der Flucht zu bewahren, hält er für sinnvoll. „Wir müssen die Verhältnisse vor Ort stabilisieren.“
„Der Kreis Borken ist sicher eine Region, die vom Freihandel profitiert“, sagt Pieper zum umstrittenen Abkommen TTIP. Ein Vertrag mit den USA würde es gerade kleineren Firmen aus der Region erleichtern, auf großen Märkten Fuß zu fassen, was bei einer Exportquote im Kreis Borken von fast 40 Prozent immens wichtig sei. Pieper betont, dass der Verbraucherschutz nicht leiden werde. „Unsere Standards werden weiter gelten. Ich würde da nicht zustimmen, wenn der Verbraucherschutz geschwächt wird.“ Dass viele Bürger dem Vertrags-Verfahren skeptisch gegenüberstehen, kann er teilweise verstehen. „Wir hätten von Anfang an als Parlament mehr Mitsprache einfordern sollen“, sagt Pieper.
Beim Thema Griechenland-Schulden ist Pieper froh, dass Europa nach der „Grexit-Option“ „nicht mehr erpressbar ist.“ Erfülle Athen die Forderungen nicht, sei der Euro-Austritt nach dem Vorstoß von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble eine „Option“, die auf dem Tisch liege. Dass 15 Länder Schäuble in dieser Frage unterstützt hätten, zeige dass Deutschland hier richtig liege, sagt Pieper.
In Sachen „Maut“ hofft der EU-Abgeordnete auch im Sinne der Grenzregion darauf, dass man in den kommenden Jahren zu einer europaweiten Regelung kommt. Dazu müssten die Vorschriften, die Ausländer diskriminieren, aber wegfallen. Im Übrigen erinnert Pieper daran, dass die NRW- CDU die früher mal angedachte generelle Maut abgelehnt habe. Die Maut auf Autobahnen könne ein Kompromiss sein.
„Man darf wegen einiger Probleme das Projekt Europa nicht in Frage stellen“, wirbt Pieper dafür, am großen Ziele festzuhalten. Europa stehe ja nicht nur für Probleme, sondern auch dafür, dass zwischen 2012 und 2020 rund 300 Millionen Euro ins Münsterland fließen. Und manchmal seien es auch die kleinen Dinge, für die Europa stehe. Beispielsweise dafür, dass die zwischen Deutschland und den Niederlanden verkehrenden Züge keinen Zehn-Minuten- Halt in Bad Bentheim mehr einlegen müssen. „Die Loks werden künftig europaweit zugelassen“, nennt Pieper als Grund.