Deutsche Handwerks Zeitung: Schwacher Kompromiss bei der Tachographenpflicht
Die EU hat entschieden: Der digitale Fahrtenschreiber kommt. Der gefundene Kompromiss ist nicht ganz so schlimm wie ursprünglich befürchtet. Dennoch entstehen Handwerkern durch die Tachographenpflicht erhebliche Nachteile.
Der Einbau eines Fahrtenschreibers bei „Handwerkerfahrzeugen“ wird definitiv ab einem Radius von 100 Kilometern um den Unternehmenssitz zur Pflicht. Das Europäische Parlament hat die überarbeitete Verordnung zur Tachographenpflicht jetzt in Straßburg verabschiedet. “Wir wollten eine generelle Ausnahme für Handwerker, doch die war leider nicht durchsetzbar”, sagte der Vorsitzende der CSU im EU-Parlament, Markus Ferber, gegenüber Deutsche Handwerks Zeitung online.
Im Parlamentskreis Mittelstand Europe ist man mit Ergebnis unzufrieden. “Das Ergebnis spiegelt die mittelstandsfeindliche Politik insbesondere der linken und grünen Fraktionen wieder. Unser Ziel war es, den Ausnahmeradius auf 150 Kilometer zu erweitern, damit kleine und mittelständische Unternehmen nicht von zusätzlicher Bürokratie erdrückt werden”, teilten Markus Ferber (CSU) und Markus Pieper (CDU), die Sprecher des Parlamentskreises Mittelstand Europe, mit.
Pflicht ab 3,5 Tonnen
Dagegen wird es keine weitere Verschärfung bei den Gewichtsgrenzen der Fahrzeuge geben. “Erfolgreich haben wir dafür gekämpft, dass der verpflichtende Einsatz des digitalen Tachographen bei 3,5 Tonnen belassen wird und nicht schon für Fahrzeuge ab 2,8 Tonnen gilt”, so Ferber und Pieper. Damit sei weiterer Verwaltungsaufwand und Kostenlast von kleinen Unternehmen abgewendet worden.
Eine Komplettausnahme von Baustellenfahrzeugen wie etwa von Betonmischern ist indes gescheitert. Baustellen- und Straßenbaufahrzeuge bis zu 7,5 Tonnen sind aber immerhin innerhalb eines Radius von 100 Kilometern ausgenommen.
Politik betont mehr Sicherheit
Für Ferber und Pieper stellt dies jedoch nur einen schwachen Kompromiss dar: “Bei der Tachographenpflicht hätte man zeigen können, dass Europa in der Lage ist, eine mittelstandsfreundliche Lösung zu finden, ohne Sozialvorschriften zu beschneiden oder den Wettbewerb zu verzerren. Bei dem jetzigen Ergebnis fehlt es eindeutig an Praxisnähe.”
Auch der stellvertretende Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Dieter-Lebrecht Koch (CDU), sieht das so: „Es ist bedauerlich, dass praxistaugliche Lösungen nicht angenommen wurden. Die Abgeordneten hatten zahlreiche Vorschläge gemacht. Nicht ein einziger ist davon angenommen worden.”
Der Grünen-Abgeordnete Michael Cramer betont dagegen, dass die neue Regelung mehr Sicherheit auf den Straßen bedeute. “Heute ist ein guter Tag für die Sicherheit auf Europas Straßen und alle Lkw-Fahrer. Denn die neuen Fahrtenschreiber werden es erleichtern, die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten sowie der Tempolimits zu kontrollieren”, so Cramer. Er spricht von “Wild-West-Zuständen auf Europas Straßen”.
Markus Ferber sagte Deutsche Handwerks Zeitung online: “Handwerker haben nie Probleme mit Lenk- und Ruhezeiten. Dennoch müssen sie jetzt dafür bezahlen.”
Bis das Gesetz angewendet wird, vergehen noch zwei Jahre. So lange haben die Mitgliedstaaten Zeit, bis das Gesetz in nationales Recht umgesetzt sein muss.