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Die Glocke: Juncker steht für europäische Lösungen

Von unserem Redaktionsmitglied Ralf Ostermann

Straßburg (gl). EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker muss sich heute im EU-Parlament einem Misstrauensvotum stellen. Was steckt dahinter? Was ist von Junckers Investitionspaket zu halten. Und wie steht es um das Handelsabkommen TTIP mit den USA? Darüber sprach die „Glocke“ mit dem münsterländischen CDU-Europaabgeordneten Markus Pieper.

„Die Glocke“: Wie bedrohlich ist das Misstrauensvotum für Jean-Claude Juncker?

Pieper: Es sind vor allem die Rechtsradikalen rund um die französische Front-National-Chefin Marine Le Pen und den britischen Ukip-Vorsitzenden Nigel Farage, die hier das Wort führen. Denen geht es aber nicht um das Austrocknen von Steuerparadiesen, denen geht es um Stimmung gegen Europa. Deshalb sind alle moderaten Parteien im Parlament gegen das Misstrauensvotum, das am Donnerstag deutlich scheitern wird.

„Die Glocke“: Als früherer Luxemburger Regierungschef hat Juncker umstrittene Steuersparmodelle mitzuverantworten. Nun will er als Kommissionspräsident fragwürdige Steuerabsprachen bekämpfen. Macht man da nicht den Bock zum Gärtner?

Pieper: Juncker war Regierungschef eines Landes, das wie viele andere EU-Staaten auch die nationale Steuerkompetenz im Sinne der Unternehmen genutzt hat. Jetzt geht es darum, diese nationalen Steuerkompetenzen abzuschwächen. Wir brauchen europäische Lösungen wie beispielsweise eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für Unternehmenssteuern und einen verbindlichen Informationsaustausch der nationalen Finanzbehörden. Genau das hat Juncker bei seiner Anhörung im Europaparlament vor einigen Wochen als vordringliche Aufgabe in Europa beschrieben – lange vor diesem Misstrauensantrag.

„Die Glocke“: Wie bewerten Sie das von Juncker vorgestellte Wachstumspaket in Höhe von 315 Milliarden Euro?

Pieper: Positiv ist, dass dafür kein neues Geld aus nationalen Haushalten oder dem EU-Rettungsschirm vorgesehen ist. Stattdessen geht es darum, Geld aus dem bestehenden EU-Haushalt besser zu nutzen. Infrastrukturvorhaben und Mittelstandskredite können mit diesem Geld in schwächeren EU-Ländern besser abgesichert werden. Aber – Investoren brauchen Vertrauen, und deshalb müssen gerade die südeuropäischen Länder ihre Reformen in der Steuer-, Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik fortführen.

„Die Glocke“: Beim umstrittenen Handelsabkommen TTIP mit den USA hat die Kommission mehr Transparenz in Aussicht gestellt. Wie beurteilen Sie den Stand der Verhandlungen?

Pieper: Wir sind als Abgeordnete über das Verhandlungsmandat und die Verhandlungsfortschritte informiert. Und es kann sich auch jeder Bürger auf den Internetseiten der Kommission dieselben Informationen beschaffen. Wenn es künftig zu einem Wegfall von Zöllen mit den USA und zu einer Vereinheitlichung von Industriestandards kommt, dann wird das dem exportorientierten Mittelstand in unserer Region gute Perspektiven ermöglichen.

Veröffentlicht am 27. November 2014 in
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