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Westfälische Nachrichten: Hoffnung für den Patienten Europa

Kandidaten aus der Region suchen Ausweg aus der Krise und warnen vor Rechtsruck bei EU-Wahl

-Claudia Kramer-Santel- Münster – Wie steht es um die EU? Auf der einen Seite zieht es immer mehr Studenten, Arbeitnehmer, Touristen und Rentner von einem Land ins andere. Europa gilt als große Bühne der individuellen Chancen. Auf der anderen Seite steigt durch die Finanzkrise und die als Bedrohung empfundene Migration die Europaskepsis so stark, dass rechte Parteien rege davon profitieren.

Angesichts dieser Gemengelage ist Überzeugungsarbeit bei den Bürgern im Vorfeld der EU-Wahlen am 25. Mai besonders wichtig, betonten EU-Parlamentarier bzw. -Kandidaten aus der Region. Sie trafen sich im Rathaus Münster zu einem von der Stadt und dem EU-Parlament veranstalteten Bürgerforum.

Die Politiker setzten dabei auf Ehrlichkeit und räumten Fehler ein. „Da sind tolle Ideen, doch wir verlieren uns wirklich noch all zu oft im Klein-Klein“, bekannte Markus Pieper (CDU/Lotte) freimütig. Man solle mehr Mut haben, sich auf große Ideen zu konzentrieren, meinte Birgit Sippel (Arnsberg) für die SPD. Der große Wurf von den „Vereinigten Staaten von Europa“ als Idealbild stehe noch aus, „und ich glaube nicht, dass ich sie noch erlebe“. Eine Regelungswut bis in alle Details berge riesige Gefahren, so Pieper. Es sei eine Hauptaufgabe, sie einzuschränken. Er warnte von einer Vereinheitlichung des europäischen Ausbildungsrahmens. Dadurch werde das äußerst erfolgreiche duale System Deutschlands bedroht.

Die Aufnahme von Bulgarien und Rumänien war zu früh. Darüber herrscht weitgehende Einigkeit. Birgit Sippel räumte ein, es sei eine politische Entscheidung gewesen. Beitritt der Ukraine? Alexander Graf Lambsdorff (FDP/Bonn) stellte fest: „Ich glaube, es ist der Punkt erreicht, an dem Präsident Janukowitsch zurücktreten und eine neue, demokratisch legitimierte Regierung aufgebaut werden muss.“ Die Ukraine verdiene eine EU-Perspektive. Beim Zeitraum dürfe man aber keine Versprechungen machen, die nicht eingelöst werden können. Türkei-Beitritt? Pieper kann sich dies angesichts eines anderen Werteverständnisses nicht „ansatzweise vorstellen“.

Spaltet der Euro? Sippel betonte, der Euro sei eine stabile Währung. Doch die Finanzmarktkrise zu reparieren, habe „einer Operation am offenen Herzen“ geglichen. Man sei nun im Stadium der Nachbehandlung. Lambsdorffs Diagnose war anders: Die Zentralbank habe ein Sauerstoffzelt aufgestellt, doch „wir sind erst auf halber Strecke.“

Wie kann man verhindern, dass europäische Werte verwässert werden? „Wir sind dank Europa Exportweltmeister und haben die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit. Das sollten wir uns nicht durch Professorengequatsche oder Springerstiefel kaputtmachen lassen“, ging Pieper in die Offensive.

„Gegen Europa sein, aber mit EU-Geld vom Parlament aus agieren: Das wollen wir verhindern“, machte Birgit Sippel Front gegen rechte Parteien. Die Politiker setzen auf die junge „Generation Erasmus“, die Europa lebt. Sie sei die Zukunft der EU.

Veröffentlicht am 3. Februar 2014 in
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