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Mainpost: EU darf Schmutz-Bons nicht künstlich verteuern

Quelle: www.mainpost.de

Emissionshandel: EU-Parlament lehnt Reform ab

Die EU hat einen umweltpolitischen Neustart verpasst. Nach heftigem Streit um eine Reform des Handels mit CO2-Zertifikaten wurde diese am Dienstag von der Mehrheit des EU-Parlaments gestoppt. „Ich bedauere sehr, dass diese Chance nicht ergriffen wurde“, kommentierte EU-Klimaschutz-Kommissarin Connie Hedegaard den Beschluss. Sie wollte den dramatischen Preisverfall für Schmutz-Bons, die derzeit nur noch fünf Euro kosten, dadurch abfangen, dass sie Papiere im Gegenwert von über 900 Millionen Euro vom Markt nimmt und bis 2019 einbehält.

Nach Schätzungen der Kommission wäre dadurch ein Anstieg des Preises auf 25 Euro ausgelöst worden. Die Rechnung der Umweltexperten hätte wieder gestimmt: Schließlich sollte der Handel mit den CO2-Zertifikaten Unternehmen veranlassen, eher in emissionsarme Verfahren zu investieren als in die Papiere. Experten gehen davon aus, dass rund zwei Milliarden Zertifikate zu viel auf dem Markt zirkulieren. Stahlwerke, Energieerzeuger und andere energieintensive Fabriken müssen also keineswegs so tief in die Tasche greifen, wie das ursprünglich gedacht war.

Zwiespältiger Eindruck

„Der Emissionshandel wird durch die heutige rückwärts gewandte Entscheidung geschwächt“, kommentierte der Vorsitzende des Umweltausschusses im Straßburger Parlament, Matthias Groote (SPD), die Entscheidung und gab die Schuld vor allem der Bundesregierung. Tatsächlich hatte die Berliner Koalition im Vorfeld einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Während Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) sich vehement für eine Reform des Emissionshandels ausgesprochen und dafür auch noch am Wochenende geworben hatte, machte sich Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) dafür stark, nicht in einen funktionierenden Markt einzugreifen. „Angela Merkel macht sich mitschuldig“, hieß es denn auch bei Sozialdemokraten, Grünen und Linken, die im Parlament einer konservativ-liberalen Mehrheit unterlagen. Herbert Reul (CDU), Vorsitzender des mächtigen Industrieausschusses, begründete die Ablehnung so: „Wenn man ein Handelssystem hat, das den Zertifikate-Preis am Markt bildet, kann man doch nicht einfach den Preis künstlich verändern, nur weil er einem politisch vielleicht nicht passt.“ Darüber hinaus müsse die Kommission den Betrieben klarmachen, dass man sie nicht mit ständig neuen Auflagen überfordern wolle, sagte der Sprecher des Parlamentskreises Mittelstand, der CDU-Abgeordnete Markus Pieper: „Die Unternehmen stecken in einem Schraubstock sich überlagernder Gesetze. Sie zahlen für CO2-Zertifikate. Sie zahlen mehr für die hohen Strompreise durch erneuerbare Energie. Und die Wirtschaft wird außerdem durch immer schärfere Umweltgesetze wie die Energieeffizienz- oder die Gebäuderichtlinie gefordert.“ So grabe die Politik dem „Emissionshandel das Wasser ab“.

 

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